Eindrücke vom Tal-Gedenkturnier

von ChessBase
10.11.2006 – Das hochkarätig besetzte Tal-Gedenkturnier bildet einen späten Höhepunkt des Schachjahres. Nach drei Runden führt Ruslan Ponomariov, nicht unbedingt einer der Spieler, die dafür bekannt sind, im Geiste des "Schachzauberers aus Riga", der am 9. November 70 Jahre alt geworden wäre, zu spielen. Dennoch, bislang sorgten die Partien des Turniers für Aufregung - meist, weil spannendes Schach geboten wurde, einmal, weil auch beim Schach das Zählen nicht leicht ist. Misha Savinov schickt viele Bilder und verrät mehr.Turnierseite...Mehr...

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Bilder, Schach und ein Streitfall

Von Misha Savinov

Beim Tal-Gedenkturniere sind drei Spieltage vorbei. Ich würde den Lesern der ChessBase-Webseite gerne ein paar Photos zeigen, die nicht auf der Turnierwebseite veröffentlicht wurden, die wir zusammen mit Mark Glukhovsky, dem ehemaligen Redakteur von Kasparovchess betreiben. Ich gehe davon aus, dass Sie den Turnierverlauf alle kennen. Die einzige Sache, auf die ich mich konzentrieren werde, ist das, was bei der Partie Morozevich-Carlsen geschah.

Auslosung

Es gab keine theatralische Eröffnungsfeier. Spieler, Organisatoren, Sponsoren und Journalisten wurden zu einer Feier im geschlossenen Kreis eingeladen. Ringsherum sah man nur bekannte Gesichter - die gleiche Moskauer beau monde des Schachs, die man bei jedem großen Turnier sehen kann. Die Auslosung verlief reibungslos, der Rating-Favorit Peter Svidler erwischte die Glückszahl 1. Die Spieler, die mehr Schwarz- als Weißpartien zugelost bekamen, sahen nicht besonders enttäuscht aus. Vielleicht erinnerte sie die Anwesenheit von Herrn Bakh an das Aeroflot-Open, in dem öfter mit Schwarz zu spielen von etlichen Beobachtern für einen erheblichen Vorteil gehalten wird.


Vassily Smyslov mit seiner Frau


Alphabetische Nachbarn Mamedyarov und Morozevich


Die guten Freunde Grischuk und Svidler


Shirov erzählt Gelfand und Huzman Anekdoten


Morozevich mit seinem guten Freund, dem Schachverleger Ammanazarov



'Hier im Saal heißen viele Leute Alexander!' - Florencio Campomanes meint Bakh, Roshal, Grischuk und Morozevich

Runden 1-3


Geurt Gijssen und Großmeister Sosonko verbringen bemerkenswert viel Zeit damit, Herrn Dubov zu zeigen, wie man diese Sorte elektronische Uhr bedient


Lipton ist einer der Sponsoren des Turniers

Die Spieler wohnen im Arbat Hotel, was ungefähr zehn Gehminuten vom Spiellokal entfernt ist. Durch einen merkwürdigen Zufall führt der Weg an dem Gebäude vorbei, in dem Kasparow lebt, weshalb Garry auf die Jungs stoßen könnte, wenn er im Supermarkt einkaufen geht.


Gelfand und Huzman


Eine im Durchschnitt 2700er Warteschlange vor der Garderobe


Magnus Carlsen zieht sich die unbequemen Schuhe an


Der Ex-Weltmeister zieht sich im Stile Vladimir Lenins an


Das Spiellokal ist schön eingerichtet und voller Licht. Die Spieler verbringen ihre Zeit meist am Brett. Sie nehmen den Ruheraum nicht über Gebühr in Anspruch und konzentrieren sich nicht allzu sehr auf die anderen Partien.


Shakh thront wie ein König



Gelfand lockt den Jungen in seine Vorbereitung


Die beste Partie der ersten Tages: Aronian besiegt Morozevich

Der lustigste Teil für uns ist natürlich die Analyse. Die Spieler unterhalten und belehren das Publikum. Überraschenderweise (zumindest für mich) ist Peter Leko wahrscheinlich der Unterhaltsamste von allen. Ich glaube nicht, dass ich von seinem flüssigen Russisch, das mit einer Mischung aus ungarischem und armenischem Akzent vorgetragen wird, so angetan war - er hat wirklich einen feinen Sinn für Humor. Was für ein Paradox - ein uneingeweihter Beobachter würde nie vermuten, dass Leko manchmal als langweiligster Spieler des modernen Schachs bezeichnet wird!


Shirov vs. Shakh - das Remis wurde zuhause zusammengebraut


Zwei Mal Peter: "Diese Zugfolge ist eindeutig falsch - das Marshall-Gambit wird damit verhindert!"


Frau Peter Leko und ihr Vater, ein Großmeister


Der Maler malt


Vlad Tkachiev machte seine Sache als Live-Kommentator der Partien gut, wobei er mehr Kommentator als Analytiker war. Natürlich, jeder kann Rybka selbst anwerfen!


Grischuk ist enttäuscht, aus seiner überwältigenden Stellung gegen Leko den Gewinn verpasst zu haben.


Ich vermute, es ist das erste Mal, dass Magnus ohne seine Familie reist. Peter-Heine Nielsen erfüllt seine Rolle als Aufpasser gut, obwohl er Carlsens Muttersprache nicht spricht


Analyse mit einem Fremden

Am zweiten Tag wurde der Zentrale Schachverein von starken, wenngleich auch nicht Elite-Großmeistern besucht, die auf dem Weg zum Russland-Pokal waren, der in der Moskauer Region ausgetragen wurde.


Nichtraucher Vadim Zvjaginsev im Raucherraum


Zukünftige Frauengroßmeisterinnen aus St. Petersburg


Nescafe versorgt uns mit kostenlosem Kaffee

Die Leute vom Fernsehen TV baten alle Spieler, ihre Neujahrsgrüße an das Publikum aufzuzeichnen. Doch nur wenige erklärten sich dazu bereit.


Peter Svidler entschuldigte sich nachdrücklich, und es gelang ihm, der Kamera zu entfliehen

Jetzt zurück zur Geschichte der Partie Morozevich-Carlsen und wie sie sich zugetragen hat. Die ganze Partie über musste sich Magnus verteidigen, und es sah ganz so aus, als ob Morozevichs Sieg nur noch eine Frage der Zeit war. Der Russe erhielt eine sichere Stellung mit solidem Plus und musste zwischen etlichen guten Plänen wählen, um seinen Vorteil auszubauen. Er folgte den Geboten der Russischen Schachschule, zog hin und her und sah dabei recht zuversichtlich aus, doch plötzlich ging sein Gegner zum Schiedsrichter und beantragte ein Remis wegen dreimaliger Stellungswiederholung. Hier sind die entsprechenden Züge aus der Partie: 38.hxg5 Kf7 39.Kg2 Ke7 40.Kg3 Kf7 (Ein Mal) 41.Kg4 Ke7 42.Kh4 Kf7 43.Kg3 (Zwei Mal) 43…Ke7 44.Kg2 Kf7 45.Ld2 Db6 46.Le3, und hier erklärte Carlsen, dass die Stellung nach 46…Dc7 zum dritten Mal auf dem Brett stehen würde.

Morozevich weigerte sich, diese Behauptung zu überprüfen und überließ die Verantwortung dafür seinem Gegner und dem Schiedsrichter. Gijssen und Carlsen kamen zu dem Schluss, dass die Partie Remis war. Schwer niedergeschlagen verließ Morozevich das Spiellokal, doch nach etwa 10 Minuten stellte man fest, dass die Behauptung falsch war.

Es ist offensichtlich, dass in der Stellung, die wiederholt wird, der gleiche Spieler am Zug sein muss. Nach dem 40. Zug war Weiß am Zug, während in den beiden anderen Fällen Schwarz am Zug war.

Herr Dubov, der Schiedsrichter, begann jedem zu erzählen, dass er den Irrtum rechtzeitig bemerkt hätte. Doch wenn das stimmt, dann frage ich mich, warum er das nicht dem Hauptschiedsrichter gesagt hat? Gut, er spricht kein Englisch, aber die meisten Leute hätten das, was er sagt, an Herrn Gijssen weitergeben können, der seinen Irrtum sofort erkannt hätte, wonach die Partie normal weiter gegangen wäre. Ich kann keine andere Erklärung für das Schweigen von Herrn Dubov finden, als dass er versucht hat, Geurt Gijssen hereinzulegen (oder wählen Sie ein sanfteres Wort).

Meiner Ansicht nach ist es absurd zu glauben, dass Geurt Gijssen die Regel nicht kannte. Er hat einfach einen Fehler gemacht und seinen Fehler ziemlich schnell entdeckt. Leider befand sich Morozevich bereits irgendwo auf esoterischer Reise und selbst sein Sekundant, Großmeister Alexey Kuzmin, konnte ihn eine ganze Weile nicht finden. Obwohl die Partieformulare bereits unterzeichnet und die Partie offiziell Remis erklärt worden war, erklärte sich Magnus Carlsen damit einverstanden, weiter zu spielen (in einer schlechteren oder sogar verlorenen Stellung!). Aber ohne Gegner kann man nicht spielen. So war dieser Vorfall tatsächlich eine sehr unglückliche Folge von Ereignissen.


Geurt Gijssen in seinem Reich

Mit Sicherheit hatte das Auswirkungen auf Morozevichs Spiel am nächsten Tag (obwohl es immer schwer ist, gegen Ponomariov zu spielen, vor allem mit Schwarz). Alexander erhielt ein schlechteres Endspiel, verteidigte sich hartnäckig, aber Ruslans 48.c5+! knockte ihn einfach aus. Nach 50-minütigem Nachdenken entschied sich Morozevich für den falschen Weg und musste bald danach aufgeben. Sofort nach Ende der Partie zeigte Ponomariov seinem Gegner das Remis, das mit 48…Ke7 möglich war. Morozevichs Lächeln verriet, welche Qualen er litt. 'Gegen Ponomariov zu verlieren ist wirklich hart, - erzählte mir ein 2600+ Großmeister, der seinen Namen nicht genannt haben wollte. - Verlieren ist immer hart, aber gegen Ponomariov zu verlieren ist etwas Besonderes. Einmal habe ich zwei Wochen gebraucht, um mich davon zu erholen.'


Ponomariov


Remis verpasst

So, nach drei Runden hatten bereits zwei Mitglieder der russischen Nationalmannschaft durch Ponomariov gelitten. Der Ukrainer führt mit +2 und trifft in Runde Fünf auf Svidler. Dies könnte eine der entscheidenden Partien des Tal-Gedenkturniers werden. Es ist ironisch, dass das Turnier von einem sehr 'un-Tal-artigen' Spieler angeführt wird, aber Schach ist Schach, und Ponomariov spielt es einfach sehr gut.

Weitere Fotos


Das Tal-Zimmer


Alexei Shirov konzentriert sich


'Schade, dass wir diesem 23…Dg6!-Kram übersehen haben', Shirov zu seinem Sekundanten Ganguly


Leko und Shirov haben eine unterschiedliche Einstellung zum Remis


Einer der seltenen Momente, in denen Shakh nicht lächelt


Magnus Carlsen wird für 64 interviewt


Svidler erklärte, er sah, dass er die Dame gewinnen kann, weil Aronian nach 24.exd4!! herumdruckste. Der Russe wollte 24…Lxd4 spielen, mit der Idee 25.Dxd4? Te1+.


Drahtloser Gelfand


Der Gang von der U-Bahnstation...






... zum Zentralen Schachverein


Im Inneren des Zentralen Schachvereins




Unser Übersetzer verbringt eine Menge Zeit damit, Blitz mit Florencio Campomanes zu spielen!

M.S.

Die ChessBase GmbH, mit Sitz in Hamburg, wurde 1987 gegründet und produziert Schachdatenbanken sowie Lehr- und Trainingskurse für Schachspieler. Seit 1997 veröffentlich ChessBase auf seiner Webseite aktuelle Nachrichten aus der Schachwelt. ChessBase News erscheint inzwischen in vier Sprachen und gilt weltweit als wichtigste Schachnachrichtenseite.

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