Die Pressekonferenz war ein Auftakt nach Mass. Publikum und Journalisten konnten
sich einen Eindruck von der Umgebung verschaffen, in dem der Wettkampf Kramnik
gegen Deep Fritz in den nächsten Tagen stattfinden wird.
Vor der Halle: Futuristische Weihnachtsstimmung
In der Halle: Futuristische Wettkampfstimmung
Begleitet wird der Wettkampf von einer Ausstellung, die sich unter dem Titel
"Hinter den Spiegeln: Zur Kultur des Spiels und der Schönheit des
Denkens" den Verbindungen zwischen Schach und Kunst widmet. Entsprechend
wurden bereits bei der Pressekonferenz auf die Leinwand hinter der Bühne
Motive aus der Ausstellung projiziert.
Schach und Kunst. Im Hintergrund ein Bild der Skulptur "Der König
spielt mit seiner Königin" von Max Ernst
Schach und Kunst - nicht immer eine einfache Beziehung. So lautet der Text über
dem Bild, das den Künstler Ugo Dossi beim Simultan gegen Kramnik in der
Bundeskunsthalle 2004 zeigt: "Marcel Duchamp war kein Freund der Welt der
offiziellen Kunst. Er war angetreten, um ihr Ende vorzubereiten. Im Gegenzug
ist die offizielle Kunst bisher kaum seiner Einladung gefolgt, Schach als Kunst
anzuerkennen."
Auf das Verhältnis zwischen Schach und Kunst nahm auch Stephan Andreae, der Event-Manager der
Bundeskunsthalle, bei seiner Eröffnungsansprache Bezug. Er sprach davon,
dass der Computer eben nicht spielt, sondern rechne. Und er beschrieb, wie man
seit Kramniks Simultan 2004 davon geträumt hätte, in der Bundeskunsthalle
einmal eine richtig große Schachveranstaltung zu organisieren - was nach
zwei Jahren realisiert wurde.
Viele Schach- und Computerexperten sehen Deep Fritz als klaren Favoriten in
dem Wettkampf. Manche orakeln sogar, dass dies womöglich der letzte Wettkampf
Mensch gegen Maschine ist, weil Deep Fritz dem amtierenden Weltmeister keine
Chance lassen könnte - womit der Reiz dieses Duells für immer verflogen
wäre.
ChessBase Vertreter Matthias Wüllenweber, der nach der Pressekonferenz
ins Nachtmagazin der ARD eingeladen wurde (1.10 bis 1.30), sah die Dinge nüchterner.
Matthias Wüllenweber im Computerraum
Er sprach davon, dass Deep Fritz sicher eine lange Entwicklungszeit mit zahlreichen
Tests durchlaufen hätte, sich der Stand der Entwicklung aber erst im Duell
mit Spitzenspielern zeigen würde. Deshalb dankte er nicht nur der Bundeskunsthalle,
die den Rahmen für diese Veranstaltung bietet, und dem Sponsor RAG, sondern
auch Kramnik, der sich bereit erklärt hatte, an diesem Duell teilzunehmen.
Tatsächlich geht Kramnik das Risiko ein, in die Schachgeschichte als der
Weltmeister einzugehen, der als Erster klar gegen einen Computer verliert.
Doch Matthias Wüllenweber will Kramnik gar nicht in Grund und Boden gespielt
sehen. Auf die Frage eines Journalisten, welches Ergebnis sich Matthias Wüllenweber
denn wünsche, antwortete der Entwickler der ChessBase Datenbank: "Jedes
knappe Ergebnis ist erwünscht."
Schach postmodern: Im Hintergrund ein Bild des Wettkampfes Kramnik gegen Deep
Fritz aus Bahrain
Doch Kramnik machte nicht den Eindruck, wie ein Schaf zur Schlachtbank zu gehen.
Er wirkte entspannt und zuversichtlich.
Der Weltmeister als Außenseiter? Kramnik beim Fototermin.
Bei der Pressekonferenz. Ein kurzer Blick zur Dolmetscherin: Alles richtig verstanden?
Allerdings lobte er seinen Gegner in den höchsten Tönen: "Das
Schachverständnis von Deep Fritz ist größer denn je. Die Entwickler
haben das Programm gewaltig verbessert. Bei einigen meiner Trainingspartien
war ich regelrecht begeistert. Das Programm eröffnete mir erstaunliche
Visionen, die mir bislang verschlossen blieben. Oftmals spielt Deep Fritz viel
extravaganter als selbst die größten Schachmeister und oft sehr stark.
Ich bin wirklich begeistert."
Kramnik: Skeptischer Optimismus
Dennoch blieb Kramnik zuversichtlich: "Mir ist klar, dass die Maschine
als Favorit zu gelten hat, aber warten wir mal ab. Im Wettkampf selbst werde
ich so konzentriert wie möglich sein und hoffentlich die eine oder andere
Chance bekommen. Ich werde jedenfalls mein Bestes versuchen."
Blick vom Zuschauerraum auf die Pressekonferenz
Matthias Wüllenweber und Vladimir Kramnik kurz vor der Auslosung
Den Umgang mit dem Computer beherrschen Matthias Wüllenweber und Vladimir
Kramnik beide souverän, aber als es bei der Auslosung zur Handarbeit ging,
traten erste Probleme auf. Sie mussten eine russische Matrjoschka öffnen,
um zu sehen, ob Kramnik oder Deep Fritz die erste Partie mit Weiß spielen
darf. Je kleiner die Puppen wurden, desto schwieriger wurde es, sie zu öffnen.
Doch am Ende siegten Ausdauer und Geduld.
Na, was haben wir denn da?
Ein gutes Omen für die Menschheit? Kramnik gewinnt die Auslosung und hat
in der ersten Partie Weiß.
Samstag, 15 Uhr, wird sich zeigen, wie gut Deep Fritz wirklich ist - und wie
gut sich Kramnik vorbereitet hat. Die Pressekonferenz wirkte wie der würdige
Auftakt eines spannenden Wettkampfs.