Junge Wilde beim HSK

von ChessBase
21.10.2003 – In der vergangenen Woche (13. bis 19.10.) wurde im Schachzentrum des Hamburger Schachklubs (Bild) ein internationales IM-Turnier veranstaltet. Am Ende hatte das HSK- Eigengewächs Steve Berger mit 6 Punkten die Nase vorn. Auf den Plätzen landeten mit Hannes Langrock ein weiterer Spieler des HSK und der litauische IM Gediminas Sarakauskas. Dirk Sebastian schaffte eine IM-Norm. Die 19-jährige Leonie Helm hatte es als einzige Frau nicht leicht im Feld der jungen Wilden. Während HSK-Spieler Dirk Sebastian jedoch seine mögliche Musikerkarriere zugunsten des schachlichen Fortkommens geopfert hat, setzt Leonie Helm auch weiter auf ein zweites Standbein und beidbeiniges Schussvermögen. Turnierseite mit Fotos und Partien...Mehr von Evi Zickelbein...

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Die jungen Wilden vom HSK
IM-Turnier im HSK-Schachzentrum


Das Klubhaus des Hamburger Schachklubs

Vom 13. bis 19. Oktober 2003 veranstaltete der HSK, gesponsert von vdw ScanBrokers Versicherungsmakler GmbH (www.vdwscanbrokers.de) und intexx Kommunikation Daten Betriebsführung GmbH (www.intexx.de), in seinem Schachzentrum ein Internationales Meisterturnier. Die Förderung des Turniers ist Teil eines langfristigen Konzepts dieser beiden mittelständischen Firmen. Sie möchten durch ihr Engagement für die Jugendarbeit eine Verbindung zu den jugendlichen Mitgliedern und den Studenten des Klubs schaffen, die ihnen in Zukunft ermöglicht, Mitarbeiter aus diesem Kreis zu gewinnen: Praktikums- und Ausbildungsplätze oder auch Jobs für Studenten sind mögliche Ansätze für berufliche Karrieren, die für Mitglieder des Klubs attraktiv sein können, wie umgekehrt die Firmen auf guten Nachwuchs aus dem Kreis der Schachspieler bauen können.

Die Initiative, zum ersten Mal seit der Eröffnung des HSK-Schachzentrums im Jahr 1996 ein Meisterturnier zu organisieren, ergriff Wolfgang Pajeken, der gemeinsam mit Dirk Sebastian in diesem Jahr die Mannschaftsführung des 2. Bundesligamannschaft des HSK übernommen hat.


Wolfgang Pajeken

Parallel zum Turnier fand auch noch der von Wolfgang in Zusammenarbeit mit Björn Lengwenus und Hendrik Schüler sowie dem Hamburger Schachjugendbund veranstaltete  C-Trainerlehrgang statt, in dem in 120 Stunden 26 neue Trainer für die Hamburger Klubs ausgebildet werden. Ein Mammutprogramm also, das Wolfgang in gewohnt souveräner Weise meisterte! Aber so ganz allein wäre dies natürlich nicht möglich gewesen – deshalb an dieser Stelle auch noch einmal der Dank an die vielen Helfer vom HSK: Hans Christian Stejskal, Katja Stephan, Renate Sauerwald, Manfred Stejskal, Atay Engin, Christopher Kyeck und Christoph Engelbert!

Das Turnier erreichte die Kategorie V. Drei Meister sorgten für Internationalität: IM Piotr Murdzia  (2446, POL) ist für die Hamburger natürlich schon ein alter Bekannter und Freund: Seit vielen Jahren spielt der Weltmeister im Problemlösen von 2002 für HSK II  in der 2. Bundesliga, der Danziger ist ein guter Freund von GM Robert Kempinski, der im HSK-Bundesligateam aktiv ist.


Merijn van Delft, Piotr Murdzia

IM Suren Petrosian  (2439, ARM) war mit 29 Jahren der "Senior" des Turniers! Er wohnt in Norderstedt und ist nicht nur als Spieler, sondern auch als Trainer sehr erfolgreich: Mit Aljoscha Feuerstack wird er Ende Oktober zur Jugend-WM fahren! Der letzte im Bunde, IM Gediminas Sarakauskas (2428, LIT), reiste mit dem Nachtzug von einem Turnier in der Schweiz an und kam vom Hauptbahnhof direkt ans Brett im HSK-Schachzentrum. Die Hamburger kennen Gedeminas schon von seinen Einsätzen beim HSK-Eloturnier, das er in diesem Jahr mit 5,5 aus 7 gewinnen konnte.

Der durchschnittliche Alter der übrigen Teilnehmer betrug 21,2 Jahre, bei einem Eloschnitt von 2304: Wie Piotr ist auch Merijn van Delft (2402, NED) inzwischen für die Hamburger ein guter Freund geworden - die Freundschaft hört aber bekanntermaßen am Schachbrett auf, wie die ersten Runden des Turnier zeigten... Merijn machte in diesem Jahr bei der Internationalen Hamburger Meisterschaft und bei der Wiener Stadtmeisterschaft IM-Normen, seine ELO ist auch auf über 2400 geklettert - fehlt nur noch die 3. Norm zum ersehnten Titel...! Die HSK II-Fraktion stellte mit Dirk Sebastian (2360), Markus Lindinger (2358) und Steve Berger (2278)  neben Hannes Langrock (2336), der in diesem Jahr am ersten Brett der Landesliga aktiv ist, ebenfalls heiße Norm-Kandidaten und die meisten Teilnehmer am Turnier.


Dirk Sebastian gegen Piotr Murdzia

Dirk Sebastians Mutter wurde von seiner Grundschullehrerin in der ersten Klasse folgender Ratschlag erteilt: "Ihr Sohn sollte ein Musikinstrument erlernen oder Schach spielen!" Zum Glück entschied sich Familie Sebastian fürs Schach und so kam Dirk in die Kindergruppe vom HSV zu Harro Dahlgrün.


Christian Zickelbein (li.)

Sehr schnell erkannte Christian Zickelbein sein Talent und holte ihn und seinen älteren Bruder Jörg in die Schulschachgruppe der Rudolf-Steiner-Schule und zum Klub. Seitdem ist Dirk im Klub aktiv, als Spieler, als Trainer und als Betreuer, z. B. bei den alljährlichen HSK-Schachreisen.


Dirk Sebastian

Markus Lindinger, der Philosoph unter den Teilnehmern, ist nach zwischenzeitlichen Motivationsproblemen nun wieder stark im Aufwind, und Hannes Langrock nutzt die Zeit zwischen Abitur und Studium u.a. fürs Schachspielen. Hannes kam als 13jähriger aus Leipzig nach Hamburg und konnte gleich mit ins neu eröffnete HSK-Schachzentrum einziehen. Seitdem spielt er mit dem legendären '83er-Jahrgang in einer Mannschaft - 1996 konnten sie den Deutschen Meistertitel U16 erringen. Hannes ist amtierender Hamburger Jugendmeister, im Jahr 2002 war er Klubmeister und Dähne-Pokal-Sieger und 2003 wurde er Co-Sieger bei den  Open in Apolda und in Goch. Steve Berger hat als Fünftklässler bei Christian Zickelbein das Schachspielen am Gymnasium Bornbrook gelernt, mit dem er 1995 auch Deutscher Schulschachmeister wurde. Steve wurde 2000 Hamburger Jugendmeister, vor kurzem gewann er das Open in Greifswald.  



Leonie und Katja

Komplettiert wurde das Feld von zwei Youngsters: Die 19jährige Leonie Helm (2199) ist, genau wie Dirk, schon seit der ersten Klasse im Klub - die ersten Züge machte sie an der Grundschule Hasenweg bei ihrer Lehrerin Heidi Hahnefeld, die schnell ihr großes Talent erkannte. Leonie, die nebenbei auch noch sehr erfolgreich beim SC Eilbek Fußball spielt, wurde mehrmals Hamburger und Deutsche Meisterin und nahm erfolgreich an Europa- und Weltmeisterschaften teil. Heute spielt sie am 3. Bett im Frauen-Bundesliga-Team des Klubs und versucht Schach, Fußball und die gerade begonnene Ausbildung bei der Hamburger Sparkasse unter einen Hut zu bekommen.


Analyse: Leonie Helm, Steve Berger


Merijn van Delft, Leonie Helm

Der 15jährige Aljoscha Feuerstack (2196, Meerbauer Kiel), der mit seiner Familie in Eckernförde wohnt, ist das schleswig-holsteinische Schachtalent.


Aljoscha Feuerstack

Ein großes Ausrufezeichen setzte er vor wenigen Wochen, als er mit 6 aus 7 das Apolda-Open gewinnen konnte! Dort schlug er auch seinen ersten Großmeister. Aljoscha ist der einzige Teilnehmer mit eigener Homepage: www.schachzwerg.de!


vorne: Merijn van Delft, Feuerstack

Drei der „jungen Wilden“ vom HSK gestalteten die Dramaturgie des Turniers so zuschauerfreundlich, dass jeder vor der letzten Runde noch Chancen auf eine IM-Norm hatte: Dirk Sebastian hatte bis zur siebten Runde ein Turnier nach Plan gespielt: Er remisierte gegen die IM’s und schlug Merijn van Delft, Markus Lindinger und Leonie Helm. Mit diesen „+ 3“ hätten Remisen aus den letzten drei Runden gereicht. In der siebten Runde wollte er gegen Aljoscha Feuerstack den Score auf „+ 4“ erhöhen, konnte gegen Aljoschas Caro-Kann aber keinen Vorteil erlangen – Remis. Die achte Runde brachte dann das Duell gegen einen weiteren Normkandidaten, Hannes Langrock. Erwartungsgemäß hatte Hannes sich einen ähnlichen Plan wie Dirk zugelegt. Bis er sechsten Runde in Aljoscha Feuerstacks Königsangriff unterging, lief auch alles perfekt: Siege gegen Merijn van Delft und Leonie Helm, Remisen gegen zwei IM’s und Markus Lindinger. Vor der achten Runde lag er einen ganzen Punkt hinter Spitzenreiter Dirk Sebastian und musste mit den weißen Steinen alles versuchen: Er fand das richtige Rezept gegen Dirks Pirc-Verteidung und machte damit das Turnier noch einmal richtig spannend! Bitter natürlich für Dirk, der sich in seinen Weiß-Partien das gesamte Turnier über sehr souverän gezeigt hatte, mit Schwarz aber einige Male Probleme hatte. Parallel dazu hatte Steve Berger unterwegs ein Remis zuviel abgegeben:


Vorne: Sarkauskas gegen Steve Berger

Er machte volle Punkte gegen Leonie Helm und Aljoscha Feuerstack, remisierte aber sechs Mal, so dass vor der letzten alle „jungen Wilden“ mit 5 aus 8 das Feld anführten – in jeder anderen Situation hätten wir uns natürlich über diesen Tabellenstand an der Spitze gefreut:

1. Dirk Sebastian    5 aus 8   HSK
2. Steve Berger      5 aus 8   HSK
3. Hannes Langrock   5 aus 8   HSK

 


Analyse: Dirk Sebastian und Hannes Langrock

Doch konnten aus den Paarungen der 9. Runde – Dirk Sebastian gegen Steve Berger und Piotr Murdzia gegen Hannes Langrock –bestenfalls „2 aus 3“ herauskommen: Hannes Langrock versuchte mit Schwarz gegen IM Piotr Murdzia zwar alles, jedoch musste er seinen Mehrbauern wieder zurückgeben und schließlich Remis machen. Für Hannes bleibt der zweite Platz und die Erkenntnis, dass es bis zu den ersten Normen gar nicht mehr weit ist! Steve Berger wählte, nachdem er verschlafen hatte und sich deswegen nicht mehr vorbereiten konnte, einen Skandinavier. Doch zog er im 6. Zug seinen Läufer aufs falsche Feld zurück und kurz darauf gelangte der dritte Normkandidat Dirk Sebastian  mit 10. f4! in Vorteil. Der Drohung f5 konnte Steve nur noch mit dem desperaten Manöver 10....b5 ausweichen und geriet danach in klaren Nachteil. Mit beiderseitig knapper werdender Zeit versuchte Steve noch, am Damenflügel anzugreifen, doch hatte Dirk die Kontrolle über das gesamte Zentrum und gewann schließlich im Königsangriff. Dirk Sebastian gewann damit das Turnier und spielte seine erste Norm - hoffentlich kann er sich in Zukunft aufraffen, mehr Turniere zu spielen - dann wird der IM-Titel nur noch eine Frage der Zeit sein!


Gedeminas Sarkauskaus

Steve fiel durch diese Schlussrundenniederlage auf den fünften Platz zurück – vor ihn schoben sich noch IM Gedeminas Sarkauskaus mit 5,5 aus 9 und Merijn van Delft, der sich nach seinem desolaten Start (0,5 aus 3) wieder erholen konnte und in der Folge 4,5 aus 6 machte. Mit 50% trudelten die IM’s Piotr Murdzia und Suren Petrosian auf den Plätzen 6 und 7 ein. Die sieben Punkteteilungen von Piotr geben ein falsches Bild wieder, da er fast jede Partie auskämpfte - dagegen zeigte sich Suren sehr friedlich und gewann nur eine Partie gegen Leonie (in der er auf Verlust stand) und verlor in der Schlussrunde gegen Merijn. Markus Lindinger war mit 4 aus 9 und dem 8. Platz ganz und gar nicht zufrieden – er verlor beispielsweise unglücklich gegen Dirk. Aber er betätigte sich vorbildlich als Stadtführer und zeigte Piotr bis in die Morgenstunden alle Szene-Kneipen des „Hamburger Bergs“ auf dem Kiez. Für Aljoscha Feuerstack und Leonie Helm war das Turnier natürlich ziemlich hart, doch schlugen sich beide respektabel und auf Aljoschas Abschneiden bei der bald beginnenden Jugend-Weltmeisterschaft darf man sehr gespannt sein.


Raucherpause auf dem Balkon

Es ist für die Ausrichter eines solchen Turniers schön, wenn Normen erreicht werden; besonders schön natürlich ist es, wenn die Normen im eigenen Stall bleiben – deshalb hier noch mal herzlichen Glückwunsch an Dirk Sebastian! Wir hoffen, dass es mit Hilfe der unterstützenden Firmen intexx GmbH und vdw ScanBrokers Versicherungsmakler GmbH und des großen Engagements der Organisatoren und Helfer bald wieder möglich ist, solche Turniere auszurichten!

Eva Maria Zickelbein

 

 

 

 

 

 


Die ChessBase GmbH, mit Sitz in Hamburg, wurde 1987 gegründet und produziert Schachdatenbanken sowie Lehr- und Trainingskurse für Schachspieler. Seit 1997 veröffentlich ChessBase auf seiner Webseite aktuelle Nachrichten aus der Schachwelt. ChessBase News erscheint inzwischen in vier Sprachen und gilt weltweit als wichtigste Schachnachrichtenseite.

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