Euro 2003: letzter Blick zurück

von ChessBase
17.06.2003 – Bei den Europameisterschaften 2003 in Silivri (Türkei) waren 320 der besten Schachspieler und Schachspielerinnen Europas versammelt und kämpften um Titel, Punkte, Preisgeld und WM-Qualifikationsplätze. Wer denkt, bei so einem Wettbewerb wird mit besonders harten Bandagen gekämpft, irrt. Gerade an der Spitze zeichnen sich die Spieler durch besondere Fairness aus. Am Ende setzten sich überraschenderweise nicht die jungen und besonders ehrgeizigen Spieler durch. Mit Asmajparashvili und Pia Cramling (Foto) siegte stattdessen die Erfahrung. Anna Dergachova schickt ihren Abschlussbericht aus Silivri. Blick zurück nach Silivri...

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Europameisterschaften der Männer und Frauen 2003, Silivri
Von Anna Dergachova Daus
Fotos: Anna Dergachova-Daus, Ekaterina Tiviakova (Anhang)

Nun sind die Europameisterschaften vorbei. Das Turnier hat sich nach dem freien Tag deutlich geändert. Jeder Schachspieler hat diesen Tag unterschiedlich verbracht. Manche fuhren mit einem Reisebus nach Istanbul, um sich die Sehenswürdigkeiten der Stadt anzuschauen, andere gingen schwimmen und erholten sich kurz von dem anstrengenden Turnier in der Sonne, viele schalteten ab indem sie Karten oder Würfeln gespielt haben. Bowling, Billard, Tischtennis und Disco mit vorherigem Showprogramm – alles war an diesem Tag möglich.


Vadim Zvjaginsev


Sanja Vuksanovic

 


Joanna Dvorakowskaja aus Polen erreichte 6,5 Punkte (Platz 34)


Hinter Monika Socko die Zweitbeste im holländischen Team: Iweta Radziewicz. Im Wechsel mit Marta Zielinska ist die 22-jährige Nummer Eins oder Zwei in der polnischen Rangliste.


Kateryna Lahno, 13, einzige "Frau im Männerturnier. Sie erzielte mit 6,5 Punkten 50%.


Regina Pokorna aus der Slowakei (6,5 Punkte, Platz 35)


Alina Motoc erzielte 6,5 Punkte und wurde 29.


Analyse

Eine aktive Gruppe von Schachspielerinnen und -spielern hat sich noch zusammengesetzt und einen offenen Brief geschrieben, indem sie die Forderungen stellten und einige Antworten von der Europäischen Schachunion verlangten. Es ging um die hohen Hotelkosten, welche die Teilnehmer bezahlen mussten und um den um 13% reduzierten Preisfond. Der Brief, sowie die Antwort des Präsidenten der Türkischen Föderation ist euch vermutlich bekannt. Am 13. Juni fand eine Konferenz statt, wo sich die Sprecherin der Spieler Almira Skripchenko mit voller Unterstützung und in Anwesenheit von vielen Turnierteilnehmern gegen die Organisation der Europameisterschaft durchzusetzen versuchte.

Boris Kutin und Zurab Azmaparaischvili, sowie der Präsident der Türkischen Föderation waren die Sprecher der anderen Seite. Ich habe als Journalistin die ganze Konferenz auf Video aufgenommen und hoffe, dass ihr sie euch bald anschauen und selbst eine Meinung bilden könnt.

Ich versuchte natürlich überall zu sein, um Bilder und Videoreportagen zu machen und habe mich damit vielleicht ein wenig übernommen. Nach dem freien Tag habe ich eine Serie von 3 Nullen hingelegt und damit waren alle Träume auf eine WGM-Norm oder auf die Qualifikation für die WM verflogen.

Doch nicht nur für mich zeigte dieser freie Tag solch traurige Auswirkungen. Alisa Galliamova, die nach 7 Runden mit 6,5 Punkten und einem Punkt Vorsprung das Turnier anführte, konnte aus den letzten 4 Runden nur einen Punkt holen und belegte am Ende nicht einmal einen Podiumsplatz. Auch die vorherigen Europameisterinnen Almira Skripchenko und Antoneta Stefanova legten einen schlechten Schlussspurt hin und wurden bei der Siegerehrung nicht mit einem der Pokale geschmückt.

Doch wo Verlierer sind, müssen auch Gewinner sein. Monica Socko, die gegen mich eine verlorene Stellung gewann, gewann dann auch den Rest und wurde mit dem Superergebnis 8 aus 11 noch geteilte 3. Im Tiebreak verlies sie dann aber das Glück. Am Ende Platz 5 für sie und die Qualifikation für die WM.


Ali Nihat Yazici (Präsident des türkischen Verbandes), Vladimir Malkhov, Alexander Graf (Deutschland), Tatiana Kosintseva, Zurab Asmajparashvili, Pia Cramling, Viktorija Cmilyte, Boors Kutin (Präsident der ECU).


Die beiden Europameister mit den Schiedsrichtern
 


Zurab Asmaiparashvili nimmt Glückwünsche entgegegen



Die junge russische Großmeisterin T. Kosintseva besiegte in Folge die 3 Favoritinnen, sicherte sich den dritten Platz im Tiebreak gegen die junge französische Spielerin Marie Sebag und konnte damit ihr fantastisches Ergebnis von der Olympiade bestätigen. Ebenfalls im Tiebreak setzte sich die neue Europameisterin Pia Cramling gegen Victoria Cmylite durch.


Vladimir Malakhov, fairere Sportsmann und Vizemeister.

Auch bei den Männern war der erste Platz hart umkämpft. Leider habe ich nicht alle Partien sehen können, da ich selbst noch gespielt habe. Doch Abends in gemütlicher Runde wurden einige Einzelheiten vom Männerturnier bekannt. Es klingt zwar etwas unwahrscheinlich, doch die Regel `berührt – geführt´ scheint auf höchstem Niveau nicht mehr angesagt zu sein. In der neunten Runde spielten Vladimir Malakhov gegen Zurab Azmaparaischvili eine vorentscheidende Partie um den ersten Platz. Beide hatten jeweils +4 und beiden zeigten großartiges Schach. Doch auch ein solch erfahrener Spieler wie Zurab kann einmal Nerven zeigen. In einer besseren Stellung gab er mit dem Turm Schach auf h1 und nach der gegnerischen Antwort, spielte er statt Th1xd1 und danach Le5, direkt den Läuferzug (was auch auf seinem Partieformular stand und was er auch sicher vor hatte). Der Turm auf h1 blieb ungedeckt.

Malakov - Asmajparashvili...

Sein Gegner, der 22-jährige russische Nuklearphysikstudent aus Dubna erlaubte Zurab, auf dessen Bitte, diesen Zug zurückzunehmen. Auf diese Weise wollte er die Partie nicht beenden. Später, schon in deutlich schlechterer Stellung, lehnte Vladimir das Remisangebot des Gegners ab und gab statt dessen die Partie auf! Ich kenne keine anderen Spieler der sich in dieser Situation so verhalten hätte. Eine große Persönlichkeit – Vladimir Malkhov. Doch ihm gelangen noch zwei Siege und mit +5! erspielte er sich im Tiebreak den zweiten Platz gegen Alexander Graf, der ebenfalls ein riesiges Turnier gespielt hat.


Malakhov gewinnt den Stichkampf gegen Alexander Graf


Ein zufriedener Vladimir Malakhov beim Abschlussbankett

Damit war es mit der Großzügigkeit in der `berührt-geführt Regel´ noch nicht zu Ende. In der 10. Runde spielt der junge georgische Spieler Gagunaschvili mit den schwarzen Steinen gegen Moiseenko. In der Eröffnung hat er den Turm von a8 nach a7 gezogen und dann zurück nach a8. Später vergaß er dies und wollte lang rochieren, weil die kurze Rochade wegen starker weißer Mattdrohungen am Königsflügel nicht möglich war. Er bemerkte schnell seinen Fehler und dachte angestrengt nach, was er nun mit dem in der Mitte stehenden König anfangen sollte. Sein Gegner erlaubte ihm trotzdem die lange Rochade zu machen! Doch auch am Damenflügel war der schwarze König nicht sicher. Weiß konnte ihn auch dort Mattsetzen!

Moisseev-Gagunashvili...


Bianca Muhren und Heather Richards


Inna Gaponenko (6,5 Punkte, Platz 27)


Emil Sutovskij und Begleitung


Erfolgreich: Peng Zhaoquin wurde mit 7,5 Punkten Zehnte, Tea Bosboom-Lanchava erzielte 5,5 Punkte. Beide spielen unter Holländischer Flagge.


Tatiana Kosintseva (8 Punkte, Platz 3) und Nadezhda Kosintseva (7,5 Punkte, Platz 11) belegten eindeutig den ersten Platz in der inoffiziellen Geschwisterwertung.


Antoaneta Stefanova: Hinter Judit Polgar die Nummer Eins in der aktuellen Weltrangliste.

Von den deutschen Teilnehmern konnten sich Ketino Kachiani-Gersinska und Elisabeth Pähtz qualifizieren.


Elisabeth Pähtz hat sich mit Platz 15 einen WM-Platz erkämpft.

Bei den Männern waren es Alexander Graf, Rustem Dautov und Leonid Kritz. Herzlichen Glückwunsch!

Bei den Männern hätten die 4 Buchholzschlechtesten mit +3 eigentlich einen Tiebreak um die verbleibenden 2 Plätze austragen sollen, doch keiner wollte etwas riskieren und so protestierten sie und schrieben ein Brief an Illjumzinov. Wir werden sehen, wie entschieden wird. Kommen nun alle 4 zur WM, oder müssen sie doch noch irgendwelche Stichkämpfe austragen. Doch, da einer der Spieler aus Elista stammt und Kalmykien einen Freiplatz für die WM hat, könnte es sein, dass alle 4 Glück haben und bei den WM mitmachen dürfen.


Vassily Ivanchuk beim Abschlusstanz


Anna Dergachova

 


Weitere Fotos von Ekaterina Tiviakova:



Michal Krasenkow liest den Offenen Brief an die Organisation. Rechts: Mitinitiator Igor Glek.


Zwei früher Europameister: Pavel Tregubov und die Sprecherin der Spielerinnen Almira Skripchenko


Zurab Asmaiparashvili hebt den Pokal


Asmajparashvili, Präsident des georgischen Verbandes und Boris Kutin, Präsident der ECU


Asmajparshvili mit seiner Frau


Letzte Runde: Ksointseva und Cramling. Jeder kann sehen, dass Pia etwas im Schilde führt;


Anspannung vor dem Stichkampf: Cmilyte und Cramling


Ulf Andersson gratuliert Landsmännin Pia Cramling.


Viktorija Cmilyte wird Vizemeisterin


Juniorenweltmeister Levon Aronian


Karen Asrian


Dennis De Vreugt


Alexej Fedorov


Alexander Galkin und Sergey Dolmatov


Galkin gegen Kobalija


Alexander Graf


Graf verliert den Stichkampf gegen ...


... Vladimir Malakhov, ...


...gewinnt aber Bronze!


Die neuen Europameister Pia Cramling und Zurab Asmaiparshvili
 


Sergey Movsesian und Merab Gagunashvili


Elisabeth Pähtz


Dimitri Reindermann, Yvette Seirwan-Nagel und Nic-Editor Diik Jan ten Geuzendam


Sulskis Sulskis aus Litauen


Anna Sharevich


Karolina Smikona

 


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