Europameisterschaften der Männer und Frauen 2003, Silivri
Von Anna Dergachova Daus
Fotos: Anna Dergachova-Daus, Ekaterina Tiviakova (Anhang)
Nun sind die Europameisterschaften vorbei. Das Turnier hat sich nach dem
freien Tag deutlich geändert. Jeder Schachspieler hat diesen Tag unterschiedlich
verbracht. Manche fuhren mit einem Reisebus nach Istanbul, um sich die
Sehenswürdigkeiten der Stadt anzuschauen, andere gingen schwimmen und erholten
sich kurz von dem anstrengenden Turnier in der Sonne, viele schalteten ab indem
sie Karten oder Würfeln gespielt haben. Bowling, Billard, Tischtennis und Disco
mit vorherigem Showprogramm – alles war an diesem Tag möglich.
Vadim Zvjaginsev
Sanja Vuksanovic
Joanna Dvorakowskaja aus Polen erreichte 6,5 Punkte (Platz 34)
Hinter Monika Socko die Zweitbeste im holländischen Team: Iweta Radziewicz. Im
Wechsel mit Marta Zielinska ist die 22-jährige Nummer Eins oder Zwei in der
polnischen Rangliste.
Kateryna Lahno, 13, einzige "Frau im Männerturnier. Sie erzielte mit 6,5 Punkten
50%.
Regina Pokorna aus der Slowakei (6,5 Punkte, Platz 35)
Alina Motoc erzielte 6,5 Punkte und wurde 29.
Analyse
Eine aktive
Gruppe von Schachspielerinnen und -spielern hat sich noch zusammengesetzt und
einen offenen Brief geschrieben, indem sie die Forderungen stellten und einige
Antworten von der Europäischen Schachunion verlangten. Es ging um die hohen
Hotelkosten, welche die Teilnehmer bezahlen mussten und um den um 13%
reduzierten Preisfond. Der Brief, sowie die Antwort des Präsidenten der
Türkischen Föderation ist euch vermutlich bekannt. Am 13. Juni fand eine
Konferenz statt, wo sich die Sprecherin der Spieler Almira Skripchenko mit
voller Unterstützung und in Anwesenheit von vielen Turnierteilnehmern gegen die
Organisation der Europameisterschaft durchzusetzen versuchte.
Boris Kutin und
Zurab Azmaparaischvili, sowie der Präsident der Türkischen Föderation waren die
Sprecher der anderen Seite. Ich habe als Journalistin die ganze Konferenz auf
Video aufgenommen und hoffe, dass ihr sie euch bald anschauen und selbst eine
Meinung bilden könnt.
Ich versuchte natürlich überall zu sein, um Bilder und Videoreportagen zu machen
und habe mich damit vielleicht ein wenig übernommen. Nach dem freien Tag habe
ich eine Serie von 3 Nullen hingelegt und damit waren alle Träume auf eine
WGM-Norm oder auf die Qualifikation für die WM verflogen.
Doch nicht nur für
mich zeigte dieser freie Tag solch traurige Auswirkungen. Alisa Galliamova, die
nach 7 Runden mit 6,5 Punkten und einem Punkt Vorsprung das Turnier anführte,
konnte aus den letzten 4 Runden nur einen Punkt holen und belegte am Ende nicht
einmal einen Podiumsplatz. Auch die vorherigen Europameisterinnen Almira
Skripchenko und Antoneta Stefanova legten einen schlechten Schlussspurt hin und
wurden bei der Siegerehrung nicht mit einem der Pokale geschmückt.
Doch wo
Verlierer sind, müssen auch Gewinner sein. Monica Socko, die gegen mich eine
verlorene Stellung gewann, gewann dann auch den Rest und wurde mit dem
Superergebnis 8 aus 11 noch geteilte 3. Im Tiebreak verlies sie dann aber das
Glück. Am Ende Platz 5 für sie und die Qualifikation für die WM.
Ali Nihat Yazici (Präsident
des türkischen Verbandes), Vladimir Malkhov, Alexander Graf (Deutschland),
Tatiana Kosintseva, Zurab Asmajparashvili, Pia Cramling, Viktorija Cmilyte,
Boors Kutin (Präsident der ECU).
Die beiden Europameister mit den Schiedsrichtern
Zurab Asmaiparashvili nimmt Glückwünsche entgegegen
Die junge
russische Großmeisterin T. Kosintseva besiegte in Folge die 3 Favoritinnen,
sicherte sich den dritten Platz im Tiebreak gegen die junge französische
Spielerin Marie Sebag und konnte damit ihr fantastisches Ergebnis von der
Olympiade bestätigen. Ebenfalls im Tiebreak setzte sich die neue Europameisterin
Pia Cramling gegen Victoria Cmylite durch.
Vladimir Malakhov, fairere Sportsmann und Vizemeister.
Auch bei den Männern war der erste Platz hart umkämpft. Leider habe ich nicht
alle Partien sehen können, da ich selbst noch gespielt habe. Doch Abends in
gemütlicher Runde wurden einige Einzelheiten vom Männerturnier bekannt. Es
klingt zwar etwas unwahrscheinlich, doch die Regel `berührt – geführt´ scheint
auf höchstem Niveau nicht mehr angesagt zu sein. In der neunten Runde spielten
Vladimir Malakhov gegen Zurab Azmaparaischvili eine vorentscheidende Partie um
den ersten Platz. Beide hatten jeweils +4 und beiden zeigten großartiges Schach.
Doch auch ein solch erfahrener Spieler wie Zurab kann einmal Nerven zeigen. In
einer besseren Stellung gab er mit dem Turm Schach auf h1 und nach der
gegnerischen Antwort, spielte er statt Th1xd1 und danach Le5, direkt den
Läuferzug (was auch auf seinem Partieformular stand und was er auch sicher vor
hatte). Der Turm auf h1 blieb ungedeckt.
Malakov - Asmajparashvili...
Sein Gegner, der 22-jährige russische
Nuklearphysikstudent aus Dubna erlaubte Zurab, auf dessen Bitte, diesen Zug
zurückzunehmen. Auf diese Weise wollte er die Partie nicht beenden. Später,
schon in deutlich schlechterer Stellung, lehnte Vladimir das Remisangebot des
Gegners ab und gab statt dessen die Partie auf! Ich kenne keine anderen Spieler
der sich in dieser Situation so verhalten hätte. Eine große Persönlichkeit –
Vladimir Malkhov. Doch ihm gelangen noch zwei Siege und mit +5! erspielte er
sich im Tiebreak den zweiten Platz gegen Alexander Graf, der ebenfalls ein
riesiges Turnier gespielt hat.
Malakhov gewinnt den Stichkampf gegen Alexander Graf
Ein zufriedener Vladimir Malakhov beim Abschlussbankett
Damit war es mit der Großzügigkeit in der `berührt-geführt
Regel´ noch nicht zu Ende. In der 10. Runde spielt der junge georgische Spieler
Gagunaschvili mit den schwarzen Steinen gegen Moiseenko. In der Eröffnung hat er
den Turm von a8 nach a7 gezogen und dann zurück nach a8. Später vergaß er dies
und wollte lang rochieren, weil die kurze Rochade wegen starker weißer
Mattdrohungen am Königsflügel nicht möglich war. Er bemerkte schnell seinen
Fehler und dachte angestrengt nach, was er nun mit dem in der Mitte stehenden
König anfangen sollte. Sein Gegner erlaubte ihm trotzdem die lange Rochade zu
machen! Doch auch am Damenflügel war der schwarze König nicht sicher. Weiß
konnte ihn auch dort Mattsetzen!
Moisseev-Gagunashvili...
Bianca Muhren und Heather Richards
Inna Gaponenko (6,5 Punkte, Platz 27)
Emil Sutovskij und Begleitung
Erfolgreich: Peng Zhaoquin wurde mit 7,5 Punkten Zehnte, Tea Bosboom-Lanchava
erzielte 5,5 Punkte. Beide spielen unter Holländischer Flagge.
Tatiana Kosintseva (8 Punkte, Platz 3) und Nadezhda Kosintseva (7,5 Punkte,
Platz 11) belegten eindeutig den ersten Platz in der inoffiziellen
Geschwisterwertung.
Antoaneta Stefanova: Hinter Judit Polgar die Nummer Eins in der aktuellen
Weltrangliste.
Von den deutschen Teilnehmern konnten sich Ketino Kachiani-Gersinska und
Elisabeth Pähtz qualifizieren.
Elisabeth Pähtz hat sich mit Platz 15 einen WM-Platz erkämpft.
Bei den Männern waren es Alexander Graf, Rustem
Dautov und Leonid Kritz. Herzlichen Glückwunsch!
Bei den Männern hätten die 4
Buchholzschlechtesten mit +3 eigentlich einen Tiebreak um die verbleibenden 2
Plätze austragen sollen, doch keiner wollte etwas riskieren und so protestierten
sie und schrieben ein Brief an Illjumzinov. Wir werden sehen, wie entschieden
wird. Kommen nun alle 4 zur WM, oder müssen sie doch noch irgendwelche
Stichkämpfe austragen. Doch, da einer der Spieler aus Elista stammt und
Kalmykien einen Freiplatz für die WM hat, könnte es sein, dass alle 4 Glück
haben und bei den WM mitmachen dürfen.
Vassily Ivanchuk beim Abschlusstanz
Anna Dergachova
Weitere Fotos von Ekaterina Tiviakova:
Michal Krasenkow liest den Offenen Brief an die Organisation. Rechts:
Mitinitiator Igor Glek.
Zwei früher Europameister: Pavel Tregubov und die Sprecherin der Spielerinnen
Almira Skripchenko
Zurab Asmaiparashvili hebt den Pokal
Asmajparashvili, Präsident des georgischen Verbandes und Boris Kutin, Präsident
der ECU
Asmajparshvili mit seiner Frau
Letzte Runde: Ksointseva und Cramling. Jeder kann sehen, dass Pia etwas im
Schilde führt;
Anspannung vor dem Stichkampf: Cmilyte und Cramling
Ulf Andersson gratuliert Landsmännin Pia Cramling.
Viktorija Cmilyte wird Vizemeisterin
Juniorenweltmeister Levon Aronian
Karen Asrian
Dennis De Vreugt
Alexej Fedorov
Alexander Galkin und Sergey Dolmatov
Galkin gegen Kobalija
Alexander Graf
Graf verliert den Stichkampf gegen ...
... Vladimir Malakhov, ...
...gewinnt aber Bronze!
Die neuen Europameister Pia Cramling und Zurab Asmaiparshvili
Sergey Movsesian und Merab Gagunashvili
Elisabeth Pähtz
Dimitri Reindermann, Yvette Seirwan-Nagel und Nic-Editor Diik Jan ten Geuzendam
Sulskis Sulskis aus Litauen
Anna Sharevich
Karolina Smikona