"Schönheit" im Schach

von ChessBase
07.05.2003 – Begleitend zur aktuellen Heft-Ausgabe, das dem Thema Schönheit im Schach gewidmet ist, hat Karl-online eine "Fahndungsgeschichte" (Teil 1..., Teil 2...) zur schönsten Partie der Schachgeschichte ins Web gestellt und verweist dabei auf die ChessBase-Umfrage zum gleichen Thema. Bei uns liegt die Partie Byrne-Fischer weiter in Front. In einem der Karl-Heftbeiträge befasst sich Richard Foster mit der Kombinationskunst von Rashid Nezhmetdinov, der im Westen leider kaum bekannt geworden ist. Allen denjenigen, die so kombinieren möchten wie Nezhmetdinov, es aber nur geschafft haben, seine Lebensumstände zu kopieren, gilt Ulrich Stocks: "Ein hässliches Spiel". Lesenswert! Etwas über Rashid Nezhmetdinov...

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Rashid Gibyatovich Nezhmetdinov spielte in seiner Karriere 20 mal gegen einen Weltmeister. Er gewann davon sechs mal (dreimal gegen Tal), spielte neunmal remis und verlor fünfmal. Kein schlechtes Ergebnis. Dennoch kam er über den Titel Internationaler Meister nicht hinaus:  Ihm Westen bleib er praktisch unbekannt. Eher zufällig stolpert beim Durchblättern der Datenbanken über ihn und mancher ahnt beim Nachspielen einer Kombination, welcher Künstler hier aufblitzt. Inzwischen gibt es immerhin einige Bücher in englischer Sprache über den "Zauberer aus Kazan", der von Tal als Trainer in sein Team für den Wettkampf gegen Botvinnik berufen wurde.

Nezhmetdinov wurde am 15. Dezember 1912 in dem Örtchen Aktiubinsk, Kasachstan, als Kind einer Bauernfamilie geboren. Seine Eltern starben früh und einer seiner Brüder sorgte für ihn und seine Geschwister. Die elternlose Familie zog nach Kazan an die Wolga, wo sie den postrevolutionären russischen Wirren bei allgemeiner wirtschaftlicher Not in großer Armut um ihr Leben kämpfen musste.

Rashid hatte ein Talent für Brettspiele, besonders Schach und Dame. Eines Tages sah er den Spielern im örtlichen Schachclub beim Spielen zu, lernte so das Spiel und besiegte sogleich seine "Lehr"meister. Auch der kleine Raoul Capablanca soll durch bloßes Zusehen das Schachspiel gelernt haben, doch dies ist bei Weitem die einzige Gemeinsamkeit im Lebenslauf der beiden Schachspieler.

1927, mit fünfzehn Jahren, spielte er das Schachturnier der Kazaner Pioniere mit und gewann alle fünfzehn Partien. Zur gleichen Zeit lernte er das Damespiel, gewann schon einen Monat später das Dame-Halbfinalturnier von Kazan und belegte in der Endrunde den zweiten Platz. Bei der russischen Damemeisterschaft im gleichen Jahr wurde er Sechster.

Als Hitler-Deutschland 1941 in Russland einfiel, war Nezhmetdinov 29 Jahre alt. Er wurde eingezogen und trat erst wieder 1946 im Schach in Erscheinung. Das Damespiel hatte vor dem Krieg zugunsten des Schachs eigentlich aufgegeben. Als er 1949 jedoch als Zuschauer in Kazan bei der Vorausscheidung zur Russischen Damemeisterschaft anwesend war, zog einer der Teilnehmer plötzlich zurück. Nezhmetdinov sprang für ihn ein und gewann in der Folge alle Partien und qualifizierte sich für das Finalturnier. Dieses fand zufällig im Anschluss an die Landesmeisterschaft im Schach statt, für die er ebenfalls qualifiziert war. So kam es, dass er 1949 erst russischer Meister in Dame, dann im Schach wurde.

Insgesamt wurde er fünfmal russischer Meister. Sein beste Platzierung bei UdSSR-Meisterschaften war der 7. Platz im Jahr 1954. In diesem Jahr hätte Nezhmetdinov immerhin laut den Berechnungen von Jeff Sonas (
Chessmetrics) Platz 35 in der Weltrangliste eingenommen, falls es so etwas schon gegeben hätte.

Im Laufe seiner Karriere schlug er Spieler wie Tal, Spassky, Polugajevsky und Geller. Sein besonderes Talent lag unübersehbar im taktischen Bereich, wo er eine Reihe verblüffender Kombinationen und Opfer fand. Botvinnik sagte über ihn: "Niemand versteht Kombinationen so wie Nezhmetdinov." Rashid Nezhmetdinov starb am 3. Juni 1974.

Als seine beste Partie bzw. Kombination gilt diese hier gegen Polugajevsky aus dem Jahr 1958.

Dreimal Nezhmetdinov zum Nachspielen und Staunen...

André Schulz/7.Mai 2003


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